So, jetzt bin ich groß geworden, aufgestiegen von APS-C zu Vollformat. Und was bedeutet das nun? Ich habe eine Menge Geld bezahlt, habe mindestens ein-einhalb nicht mehr nutzbare Objektive und das Fokusieren stellt eine ganz neue Herausforderung dar. Tja, und es ist doch der Fotograf, der die Bilder macht und nicht die Kamera, oder? Nun, was das Thema angeht möchte ich einen genialen Blogeintrag von Paddy verlinken: It is not the f.. camera
Für mich war der Einstieg in Vollformat tatsächlich auch ein Umstieg ohne Weg zurück, da ich vorher meine APS-C-Kamera verkauft habe. Dieser Verkauf war mehr oder weniger die Entschuldigung diesen Schritt zu wagen. Allerdings habe ich es mir nicht ganz leicht gemacht und es gab auch Randbedingungen, die mich beinahe davon abgehalten haben.
Eine dieser Dinge sind die Fokusfelder. Die Fokusfelder bei der Nikon D7100 sind einfach genial. (siehe dpreview D7100) Es sind genug, es sind eine Menge Kreuzsensoren dabei und sie sind vor allem sehr weit im Bildfeld verteilt. Mit dieser Kamera konnte ich tolle Portraits fotografieren ohne nach dem Fokusieren den Bildausschnitt anpassen zu müssen. Das verhällt sich mit der Nikon D750 völlig anders (siehe dpreview D750). Verglichen mit der D7100 sind dort alle Sensoren “in der Mitte” des Bildes. Da frage ich mich ehrlich gesagt wofür die alle überhaupt gut sind. Nur um ein großen Teil meines Fazits vorwegzunehmen: Das ist für mich die mit Abstand schlimmste Eigenschaft der D750 und der einzige echte Punkt, der meine Freude mit der Kamera deutlich trübt. Ich gehe so weit zu sagen: Das ist wirklich schlecht an der D750 🙁
Mein Objektivpark leidet zum Teil unter dem Umstieg, zum Teil wird er jedoch auch aufgewertet: Mein Nikon 85mm F1.8 kann sein Potential voll entfallten und hat sich zu meinem Lieblingsobjektiv gemausert. Es hat damit das 50mm 1.8 am APS-C abgelöst, auch eine schöne Linse, aber das 85mm ist meiner Ansicht nach eine andere Liga. Am Vollformat ist das ja entsprechend das 50mm am APS-C und damit hab ich nun einfach eine größere, schwerere Kamera-Objektiv-Kombination in der Hand und mache die gleichen Bilder wie vorher 😉 Das meine ich natürlich perspektivisch gesehen, denn endlich bekomme ich die Augen in Portraits so scharf und fein gezeichnet wie ich mir das schon lange wünsche. Und in einer 1:1 Ansicht der Bilder ist ein klarar Qualitätszuwachs zu sehen. Ok, aber wer schaut schon 1:1 Ansichten an? Nur jemand, der sich damit irgendwas beweisen muss. Im normalen Leben findet vermutlich kein Mensch ein Unterschied zu meiner vorheigen APS-C-Kombination, oder? Dazu möchte ich von einem kleinen Shooting berichten, wo es “nur” um ein paar Bewerbungsbilder ging. Das war noch zu D7100 Zeiten und ich hatte “zufällig” die D750 eines guten Freundes leihweise auf meinem Schreibtisch. Da ich viel lieber mit eigenem Material arbeite fand das Shooting mit der D7100 statt und wir haben nach ein paar Fehlversuchen ein paar ganz passable Bilder gezaubert.
Was dann passierte sollte sich als sehr tragisch für meinen Geldbeutel auswirken, denn ich fragte das Model, ob ich kurz noch zwei Bilder mit der D750 testweise probieren darf. Objektiv dran, Model in Pose und ein Druck auf den Auslöser. Dann folgte der kurze Blick zur Kontrolle auf das Display und…. ich traute meinen Augen nicht. Ein Dreh der Kamera zum Model bestätigte meinen Eindruck, denn es kam der überraschte Satz: “Das nehmen wir, das ist besser als alle davor!”
Allerdings ist das schon mit Vorsicht zu genießen: Es war ein anderes Objektiv, eine andere Perspektive, eine andere Pose, eine andere Blende und ein ganz lockeres Model, da wir ja die eigentlichen Bilder im Kasten hatten. Trotzdem, der Bildlook, der mit dem größeren Sensor der D750 möglich wurde ist einfach grandios und trifft meinen Geschmack sehr gut. Nur zum Test hab ich nochmal meine Kamera genommen, auf den Auslöser gedrückt und das bringt uns zum dritten Punkt:
Die D750 ist nicht nennenswert größer als die D7100, trotzdem ist die Haptik anders, sie fühlt sich wertiger an und allein das Auslösegeräusch ist ein Traum 🙂 Bei vermuteten 50.000 Auslösungen in meinem Besitz 2 Cent pro Auslösung… allein das ist es Wert 😉 Im Ernst: Ich kann/darf/brauche nicht rechnen ob sich die Kamera rechnet, da es ein reines Hobby ist. Dafür habe ich Material, dass einfach mehr Spaß macht als das davor.
Und nun zum eigentlichen, dem Vollformat. Es ist denke ich wie der Umzug in eine größere Wohnung: So schlecht war es in der alten Wohnung nicht, aber rückblickend einfach etwas enger. Ein “zurück” ist damit nur noch schwer möglich. Einige Zeit hatte ich mit einem Micro Four-Thirds, konkret der OM-D E-M1 geliebäugelt. Ein fotografierender Kollege hat die und es ist eine tolle und verlockende Kamera. Mir würde aber die weniger ausgeprägte Fähigkeit der Freistellung fehlen, nun mehr als zuvor. Ja, auch mit der OMD EM10 oder EM1 kann man tolle Bilder machen und sie hat eine Menge anderer Vorteile. Ungefähr so, wie eine Wohnung auf einer Ebene, gut angebunden, luxeriös ausgestattet, der richtige Schritt irgendwann sein könnte, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Zur Zeit wäre das für mich aber höchstens eine Ferienwohnung, und die möchte ich mir grad nicht zusätzlich leisten. Sprich: Die OM-D ist für mich auf absehbare Zeit kein Thema mehr, da sie nun bei mir höchstens als Zweit-Kamera von Bedeutung wäre. Dabei weiß ich durchaus wovon ich spreche und habe die Vorteile einer spiegellosen Kamera schon im Auge. Allerdings habe ich schon ein paarmal mit solch einer Kamera fotogafiert und es macht mir einfach keinen Spaß. Nun noch weniger.
Das Fazit: Vollformat macht mir sehr Spaß, auch, oder weil ich dadurch vieles neu lernen muss. Der Schritt zum größeren Sensor trifft meinen Geschmack und ich bin sehr froh, dass ich einen Schritt Richtung kleinere Sensoren wie die der OM-D nicht stattdessen getan habe, damit wäre ich nicht glücklich geworden. Ein einziger Punkt stört mich an der D750: Die Fokussensoren sind meiner Ansicht nach schlecht angeordnet. Klar, da hätte die OM-D einen Vorteil, da dort überall fokusiert werden könnte. Trotzdem, um nichts in der Welt möchte ich zur Zeit mit einer spiegellosen tauschen, nicht während und nicht nach einem Shooting beim Betrachten der Ergebnisse 🙂
Sehr schön zusammengefasst: alle relevanten Aspekte (aus meiner Sicht) auf den Punkt gebracht und ein Fazit gezogen, dass den anderen Lösungen ebenso ein “Recht zu leben” gibt – und das haben die sicherlich verdient. Mit den Sensoren im Sucherbild hast Du recht, aber es bleibt das einzige Minus. Einen Punkt kann ich noch anmerken: beim Fokussieren in lowlowlight hängt die 750 die 7100 sehr sprübar ab: wesentlich schneller und treffsicherer. Grade bei einer Hochzeit ausprobiert, wo beide Cams um meinen Hals hingen.